Freitag, 9. Februar 2024

Tagebuch einer, die auszog, das Kuren zu lernen - Teil 1

Nachtrag - der Tag vor der Abreise...

Kofferpacken war nicht leicht, was nehm ich mit, was lass ich da. Hätte ich gewusst, dass es plus 14 Grad hat und frau hauptsächlich Leggings und Leiberl bzw. Bademantel und drunter fast nix anhat, hätt ich die 10 warmen Pullover daheim gelassen.

...ich komme mit!



Am ersten Tag….

Gleich nach der Anreise in den Hohen Norden die Gelegenheit genutzt und einen netten Achtsamkeitsspaziergang alias Waldbaden mitgemacht. Die Teilnehmer über den Unterschied zwischen Fichten- und Tannenzapfen aufgeklärt: Das was hier im Wald am Boden liegt bzw. der aktuelle Sturm uns um die Ohren schmeißt sind IMMER Fichtenzapfen. Weil die Tannen ihre Zapfen nicht im Ganzen runterschmeißen, sondern nur einzelne Zapfenschuppen. Ich kann halt nicht anders…

ganz genau, Entspannung und Entschleunigung ist angesagt

 
Abends den ersten inneren Schweinehund überwunden und Karotten gegessen. Einen ganzen Berg Karottensalat. Der darauf thronende Bioschafskäse war ausgesprochen gut, zu den Karotten verweigere ich die Aussage.

Abends (gut gestärkt vom Karottensalat) die unendlichen Gänge und Etagen der Anstalt erkundet, es gibt gefühlte 20 Lifte die jedes Mal woanders enden, und endlose Gänge und Winkel. Soviel bin ich schon lang nicht mehr gewandert. Allein das Hallenbad lässt sich der Nase nach finden, idealerweise situiert die Kurkonditorei gleich nebenan. Dort ist der Kaffee weniger heiß, und die Mohntorte noch verlockender…

 

Am zweiten Tag…

Erfahren, dass man nicht "Kur" sagen soll, sondern "Gesundheits-Vorsorge Aktiv" (GVA). Warum gibt es dann eine Kur-Konditorei statt einer GVA-Konditorei?

Einen längeren Spaziergang zwischen zwei Vorträgen gemacht, und einen Biobauernhof mit Pferden, Eseln, Kühen, Alpakas, Yaks und Kamelen entdeckt. 


Yak - mit zwei Köpfen,
wie das "Stoßmichziehdich" aus Dr. Doolittle

Yak frontal

Ein reizvoller Anblick, so ein Kamel ganz ohne Wüste. Oder zwei.

Kamelbeweisfoto.
Das kleine wollte heute partout nicht hinter seiner Mama hervor

Das erste Kaffeehaus im Haus getestet, am Cappuccino die Zunge verbrannt. Höchst erfreulicherweise gibt es eine Kaffeestempelsammelkarte, der 10. Kaffee ist gratis. Das schaffen wir doch locker!

Das Diätforum war auch sehr spannend, Haferflocken sind das ultimative Allheilmittel. Vor allem im 4. Aggregatzustand als Schleim oder Müsli-Gatsch. Lecker.

 

Am dritten Tag wird’s ernst….

Die erste Heilgymnastik um 7:00 war noch recht virtuell, du kriegst einen QR-Code fürs handy und dann kannst ein Video anschauen. Ein bissl was wurde auch geübt, toll fand ich die Übung "Sleeper Stretch" gegen mein Knödl unterm Schulterblatt, die liegend im Bett ausgeführt werden kann. Achja, der Therapeut war sehr freundlich und gab auch was fürs weibliche Auge her :-p

Dann wurde ich angebraten (Infrarot) und fest geknetet (Heilmassage). Schon etwas ganzkörperverschmerzt ging‘s dann zur Folter dritten Grades genannt Ergometertraining. Echt, sowas macht wer freiwillig?

Echte Endorphine hat ein kurzer Spaziergang zwischendurch gebracht, hab ich doch tatsächlich ein gaaaanz seltenes Schwammerl entdeckt, einen prächtigen Chaga alias Schiefer Schillerporling. Das ist ein richtiger once-in-my-life Pilz. Schaut zwar recht unspektakulär aus, aber ich war richtig high nach dem Fund. Das kann kein Fahrradl dieser Welt…

Chagapilz in seiner ganzen Pracht - eine schwarze, harte, außen bröselige Beule am Baumstamm

im Inneren leuchtend orangebraun und pilzig duftend
 

Am vierten Tag hatten sie ein wenig Erbarmen...

ich durfte ausschlafen (bis halb acht, da ist die Bude hier schon eine Stunde voll am brummen) und das Frühstück mal geniessen (Mohnstriezerl! Butter!! Brombeermarmelade!!!). Es war sogar Zeit für einen Vormittagsspaziergang bei strahlendem Sonnenschein.

ein Kaspar David Friedrich hätt seine Freud gehabt mit so einem Motiv

Idyllische Gegend soweit das Auge reicht

Dann wurde ich dampfgegart. Bewegungsunfähig eingewickelt mit brennheißem Fangoschlamm am Rücken und im Kreuz. Wie eine 20minütige Dauerhitzewallung...

Hernach ärztlich angeordnetes Vormittagsdunkerl, dann nett mit der Zimmerfee geplaudert. Die Leut hier im Haus sind durchwegs sehr freundlich, auch von den eher grimmig wirkenden Eingeborenen kannst mindestens ein fröhliches "Griasdi" erwarten.

Nachmittag dann am "Kreativkurs" teilgenommen. War wirklich unterhaltsam, habe ein Türschild für den Hühnerstall gebastelt, und eine Fußmatte dekoriert. Die anderen Damen haben rosa Blümchen, Feen, Herzerl und Sinnsprüche aufschabloniert, aber auch für mich  war eine passende Schablone dabei:

da dongggg, da donggg, da dong dong dong dong...


Am fünften Tag...

da war endlich mal richtig ausschlafen angesagt, weil therapiefreier Sonntag. Nach einem genussvollen Frühstück leider die Abholung zur Schmuckwerkstatt versäumt, aber da war ich nicht die einzige. Mich mit einer netten älteren Dame zusammengetan und trotz beginnendem Nieselregen den örtlichen Waldlehrpfad erkundet. Der zwar nicht im Wald verläuft, aber doch bemerkenswertes bietet. Unter anderem eine tolle 100jährige Fichte, eine riesige Douglasie, und auch ein hübsche Blondine, leider hinter Gitter:


Waldviertler Blondvieh?

Am sechsten und am siebenten Tag...

Da haben's mich voll geschunden: Nicht nur seit drei Tagen TÄGLICH das elendigliche Ergometertraining, nein auch noch 50 Minuten Zirkeltraining, und zum Drüberstreuen eine Gymnastikeinheit. Mal im Wasser, mal an Land. ÄCHZ. Habe einen Ganzkörpermuskelkater, sogar das Nichtbewegen schmerzt.... 

Immerhin hab ich beim 2. Ergometertraining schon stolze 72 Watt erreicht. Der Föhn im Bad hat 600 Watt, und das auf der kleinsten Stufe. Ist irgendwie frustrierend.

Das Wort Training wird übrigens von Träne abgeleitet, konkret Schweißträne, und kann daher auch Träning geschrieben werden.

Aber es gibt auch positives zu berichten: Eine spaßige Kartenpartie mit meinen Tischnachbarinnen, ich bin am 3. Platz gelandet (von 3 Teilnehmerinnen...). Unter teils bösen Blicken von anderen Gästen, weil wir gar so gekudert haben.

Auf der Kaffeestempelkarte nähere ich mich langsam aber stetig dem Gratiskaffee. Bislang war ich der Waldviertler Mohntorte gegenüber standhaft.

Entdecke fast täglich neue Wege: Der 2. Stock meiner Etage grenzt direkt an das Obergeschoß des Nachbarhauses wo sich nach zwei langen Gängen der Lift befindet, der zu dem Lift führt mit dem man in die Garage kommt. Heureka!

Gestern (Tag 6) nachmittag wollte ich nach all dem Indoor-Geschwitze an die frische Luft, noch etwas spazieren gehen. Habe mir den sogenannten "Glücksweg" ausgesucht, läppische 4 Kilometer. Immer wieder steht ein nettes Bankerl und lädt ein zum Verweilen, schad nur dass es sehr windig und saukalt war.

"Setz di her do!"
Rasten statt hasten!

Reserviert für MICH!

Leider waren die Wegweiser öfters gut versteckt, was zu ungeplanten Umwegen geführt hat. Bin dann letztendlich 2 Stunden durch den Wald gehatscht. Es war am Rückweg schon recht finster, und da begegnet man im mystischen Waldviertel auch dem einen oder anderen gespenstischen Wesen:

Bloß ein alte Korbweide? oder doch ein mehrköpfiger Waldgeist?


Am achten Tag...

hab ich rebelliert. Jeden Motor soll man warmfahren bevor die volle Leistung abverlangt wird. Ich soll Ergometrie machen, Zirkeltraining und zum Drüberstreuen noch Gymnastik. Und das wo ich nie Sport gemacht habe/mache/machen werde. Habe daher das gar gräuliche Radfahren verweigert (ging erstaunlich problemlos), warten wir mal was der Anstaltsarzt dazu sagt, Besprechta ist für morgen angesetzt.
Kein Tier ist so blöd freiwillig Sport zu machen, so dämlich ist nur der Mensch (Zitat Klaus Eckel). Wie wahr.

Es gibt aber auch Bewegung die ich gern mache, z.B. die Unterwassergymnastik, oder das Aqua Vital Turnen im Hallenbad.
Angenehm war das Moorvollbad, weil nahezu bewegungslos zu absolvieren. Trotzdem war ich hernach sehr, sehr müde.
Auch die Hydro-Jet-Massage (Unterwassermassage ohne nass zu werden) war zum schnurren.

Völlig entspannt sind meine Tischnachbarinnen und ich dann am Nachmittag nach Weitra gefahren, mein wenigstens für heute verstorbenes Ergometer bei Kaffee und Kuchen zu feiern. Weitra ist eine kleine mittelalterliche Stadt mit netten bunten Häusern, einem recht großen Schloss und einer kleinen Brauerei.
typische Weitraer Spezialität, das K...krapferl. Es soll die Groß Gerungser Steinpyramide darstellen

Sgraffito-Haus am Hauptplatz

Hopfenblütenteeerzeugungsanstalt

Am neunten Tag...

bin ich in der früh galvanisiert worden. Wenig spektakuläres Kribbeln und Pochen.
Der Ganzkörpermuskelkater klingt langsam ab, mir tun nur mehr der Hals, die Schultern, der Rücken, der Bauch, der Hintern, und die Beine weh. Und die Oberarme. 
Auch wenn der Trainer beim Zirkleltraining mein 2kg-Gewicht beanstandet hat, bin ja net am Egotrip wie manche Herren die da mit dem 13kg-Gewicht mit rotem Kopf herumschweissln. Überhaupt, so manche olfaktorische Watschn kriegst da schon in den Turnsälen und auf den Gängen.

Der Anstaltsarzt hatte leider wenig Erbarmen, statt 20 min Ergometer muss ich jetzt 50 min Nordic Walken. Aber erst nächste Woche... erleichtert schnauf. Und mein Ganzkörpermuskelkater sei ein gutes Zeichen, nämlich dass sich was (ich mich) bewegt. Es sei auch ganz normal, dass die Beschwerden am Anfang mehr werden. Wenn das so bleibt muss ich nach der Kur in Krankenstand gehen :-p

Am zehnten Tag...

musste ich nur 10 Minuten turnen, der restliche Tag war Entspannung pur. Erst eine Traumreise an einen Strand, blöd nur dass der Strand mein persönliches Mantra beim Zahnarzt ist. Somit wars an meinem Strand Nacht und am Horizont waren keine Segelschiffe zu sehen, sondern ein Gewitter zu.
Das Workshop Mentale Gesundheit hat mir gut gefallen, besonders der Teil zum Thema Genuss mit genussvollem gemeinsamen Schokoladeessen in der Gruppe.

Zwischendurch war genug Zeit für eine kleine Wanderung (sogar bergauf). Dem milden Wetter ist es wohl zu verdanken dass ich einen frischen Pilz gefunden hab. Dem vielen Trainieren ist es wohl zu verdanken, dass ich den Pilz nicht erkenne, weil alles Blut aus dem Hirn in den Muskeln gebraucht wird.
Nachtrag: Es ist wahrscheinlich ein Harziger Sägeblättling, ein echter Winterpilz der nur von November bis März wächst. Nicht selten im Waldviertel, an morschem Fichtenholz. Er hätte eine klebrig-harzigen Hut haben sollen, war aber samtig-glatt. Vielleicht hat der viele Regen der Vortage das "Harz" abgewaschen".


An Nachmittag nach einer Stunde angewandter Ganzkörperentspannung habe ich mein Auto zwecks Batterietraining zu einer all-in-one Bleikristallschleiferei, Glasbläserei, Deko-Kaffeekonditorei bewegt, und mich anschließend noch ganz entspannt 1 km durch den schon recht finsteren Wald.
Ein blecherner Hirschkäfer ist hängen geblieben (aus dem Shop).

 

Am Elften Tag ...

sind drei der vier "Kurschneckis" nochmal zum Glas-Deko-Elysium gepilgert. "Kurschneckis" wegen unserer Kraftiere bzw. indianischen Sternzeichen (worüber frau halt so plaudert, beim 2. Schilcherol), dem Frosch (Meins), dem Säbelzahntiger, der Eule und eben der Schnecke.

Kurschnecke.
Eine lehrreiche Führung zum Thema Glas gab es auch, und nicht nur optische, sondern auch akustische Eindrücke. Mit Hilfe einer Glasplatte und einer Stereoanlage konnte frau voll abrocken, eine Alexa gab's auch zum Song-auswählen.

Nachher wurde gesündigt:

Capucchino und Birnen-Weißmohn-Strudel

Am zwölften Tag...

hab ich den Besten von allen besucht, weil er leider nicht fahrtüchtig war. Ist mir schwer gefallen wieder abzureisen...

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